Dienstag, 27. Februar 2018

Superorganism - Superorganism - Superorganism - Superorganism

Die acht von der Tankstelle. Foto: Jordan Hughes
(ms) Gottfried Boehm ist einer der führenden Kunstphilosophen und Kunsthistoriker im deutschsprachigen Bereich. Er befasst sich unter anderem mit der scheinbar einfachen Frage, was ein Bild sei. Kommt man gedanklich etwas in diese Welt hinein, ist die Beantwortung nicht leicht. Zudem beschreibt er etwas umständlich und schwer zugänglich, was ein starkes Bild ist. Unter anderem wird ein starkes Bild stark, wenn es keine Referenz besitzt. Wenn es also für sich steht und einen gewissen Geniegeist durchscheinen lässt.
Damit sind wir automatisch bei der achtköpfigen Gruppe Superorganism, die an diesem Freitag via Domino ihr selbstbetiteltes Debutalbum vorlegen werden.
Denn: Etwas Vergleichbares - Referenz halt - kommt einem nach mehrmaligem Hören nicht in den Sinn. So abgefahren und gut ist das.

Orono, Emily, Harry, Ruby, B, Robert, Tucan und Soul heißen die Musiker und Künstler - denn nicht alle Mitglieder bedienen ein Instrument - und machen nicht nur auf den Pressefotos den Eindruck, dass sie frisch von einer Hipser-Modemesse kommen, oder sich gerade zufällig am Späti getroffen haben, so unterschiedlich treten sie auf, sind aber eine feste Einheit.
Daher ist es nicht ungewöhnlich, dass sie im allerbesten Hausbesetzerstil zusammen in London wohnen. In Japan haben sie die jetzige Sängerin Orono kennengelernt, die ihnen aus dem amerikanischen Internat ihre ersten Demos zusandte. So gründet man heute also eine Band, die Großes vor hat. Kaum war ihre erste Single Something For Your M.I.N.D. fertig, ging sie steil. Radiosender griffen sie auf, Frank Ocean und Ezra Koeing (Vampire Weekend) empfahlen das Hören. Sie haben einen künstlerischen Kosmos gebaut, der sich in den bunten Videos genauso wie im Bühnenbild und Outfit wiederfindet. Sie wollen keine Kinder des Intertnetzeitalters sein, doch wenn die eigene Geschichte so verläuft, man sich in Foren kennenlernt und via Clouddiensten an der Musik baut, erfüllt man das Bild jedoch vollständig!

Wichtige Frage: Wie klingt das Ganze denn nun?
Konventionslos. Angenehm konventionslos. Es gibt nichts, an dem sie sich orientieren oder orientieren müssen. Keine Vorgaben, jeder mit seinen Ideen und den unterschiedlichen Hintergründen. Es ist Popmusik mit Synthies, mit Hintergrundgesang, im Hauptgesang manchmal sprechend. Und sie arbeiten - massiv und dabei niemals störend - mit Samples und Soundschnipseln. Ab und an hört man das Abbeißen eines Apfels, Tier- und Verkehrsgeräusche oder das Klicken einer alten Kasse. Bei einem guten 2.0- oder 2.1-System kommt man ab und an ins Grübeln, ob das Gehörte nun aus der Box oder von Nebenan kommt.
Prägnant ist der wuchtige Bass, natürlich elektronisch betrieben. Er gibt der knapp halbstündigen Platte Drive, Wiedererkennungswert und ein gewisses Markenzeichen.  Auch vor Autotune wird kein Halt gemacht, kommt super an!
Ein gutes Beispiel für den Groove, den diese zum Tanz animierende Musik ausstrahlt, ist Everyone Wants To Be Famous. Der Song ist so herrlich eingängig, dass das Kopfnicken von ganz allein kommt und locker bei diesem zweiten Lied des Albums schon auf Repeat gestellt werden kann. Mitreißend! Reflections On The Screen ist nicht nur ein Abgesang auf die Generation Smartphone, Daumenwischerei und nach-unten-ins-Blaugraugeschimmern-gucken, sondern eine ruhige Pophymne. Auch ein in seiner Gestalt etwas sperriger Song wie SPRORGNSM passt gut ins Bild und stört mit keinem einzigen Takt, weil der Refrain halt wieder so catchy ist! Und ohne sich zu wiederholen ist das oben erwähnte Something For Your M.I.N.D. der Höhepunkt der kurzweiligen Platte, weil die Gitarren so daherschwingen und man sich auf unerklärliche Art und Weise wie der Punkt beim Karaoke fühlt. The Prawn Song ist dann genauso genial wie sein Titel.

Oh ja, das ist schräg und genial.
Starke Musik ohne Referenz.
Es macht fröhlich und leicht.
Und im besten Falle abhängig.

Im Sommer sind sie hier auf dem Mellt! Festival zu sehen.
Und hoffentlich auch noch wann anders.






Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Wenn du auf meinem Blog kommentierst, werden die von dir eingegebenen Formulardaten (und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie z. B. deine IP-Adresse) an Google-Server übermittelt. Mehr Infos dazu findest du in meiner Datenschutzerklärung (siehe Blog-Startseite unten) und in der Datenschutzerklärung von Google.