Mittwoch, 8. November 2017

Zugezogen Maskulin - Alle gegen Alle

Provinziell: Testo und Grim104. Quelle: www.zeit.de
(ms) Es begann in De Cive im Jahr 1642. In dieser kleinen Schrift hat Thomas Hobbes das erste Mal vom bellum omnium contra omnes gesprochen. Es ist der Krieg aller gegen alle, der im Naturzustand des Menschen herrschen würde. Dieser wiederum ist weitestgehend theoretischer Natur, eine Situation, in der das Individuum ganz auf sich allein gestellt ist und den größtmöglichen Vorteil in der Gesellschaft sucht. Dabei nimmt es keinerlei Rücksicht auf die Mitmenschen. Die Folge sind Chaos und im weitesten Sinne Anarchie. Daher braucht es eine regelnde Macht von oben: den Leviathan, einen absoluten Monarchen. Damit soll dieser Krieg beendet werden.
So viel zu dem kleinen Ausflug in die Philosophie und Staatstheorie.

Alle Gegen Alle, so geht es auf dem ebenso betitelten neuen Album von Zugezogen Maskulin vor. Trotz (oder wegen) ihres gewollt und überspitzten Machodarstellung, haben Testo und Grim104 mit Sicherheit Hobbes' Ausführungen gründlich gelesen. Gekämpft, getötet und gehasst wird fleißig auf den 12 neuen Tracks. Sie spielen wie gewohnt zwischen den eigenen überzeichneten Gestalten: Testo etwas Gangster, Grim komplett überdreht. So mag man die beiden!

Das Intro beginnt mit einem Deichkind-Bass in den ersten Sekunden, doch dieser Schreck wird schnell aufgehoben, weil Grims Engelsstimme und Testos Pseudomachotum dies fix brechen. Was Für Eine Zeit ist die erste Single gewesen mit einer starken Hook, die schnell ballert und der der breite Inhalt klar wird, wenn das einzig spannende ist bei Craftbeer über Dreadlocks zu diskutieren, dann lieber einen Molotowcocktail ab ins Flüchtlingsheim, irgendwie muss ja polarisiert werden: "Alles ist zum Kotzen, Mittelmaß wohin man sieht". Genau. Der Titeltrack ist dann der (!!!) Pop-Song der Platte. Aber er erkundet und dramatisiert Hobbes' Thesen, dass die Peitschen knallen und der Naturzustand explizit beim Namen genannt wird.
In Vor Adams Zeiten kann der Autotune manchmal nerven, scheint er derzeit Status Quo im Rap zu sein. Doch hier hat er paranoiderweise das Potential zum Ohrwurm zu mutieren. Mit Stirb! war der Inhalt selten so schnell im Liedernamen zusammengefasst! Stets wird mit dem Hip Hop-Gehabe gespielt: Textlich, musikalisch und in Anlehnungen, unter anderem bei Yeesy Christ Superstar (hier sollte man sich die ersten Zeilen von Testo auf der Zunge zergehen lassen)! Zwischenzeitlich nervt das AfD-Bashing ein bisschen, da es diejenigen sowieso nicht erreicht. Aber nun gut...
Zwischen Ironie, Persiflage und starker Sprachbilder gibt es Hass, Hass, Hass. Insbesondere auf Nachtbus; Hass auf alles und jeden, doch der Bass ist genauso geil wie der herrliche Gesang von Grim! Zum Ende hin (Steffi Graf) kann man auch einfach mal den eigenen Namen skandieren: Gar kein Problem!
Das Album ist stark, auf jeden Fall. Die Beats sind manchmal (sehr) gewöhnungsbedürftig, aber nicht so heftig wie auf den beiden Vorgängern. Alle Gegen Alle ist insgesamt etwas glatter produziert, aber das schadet der Qualität an keiner Stelle.

Grim104 und Testo sind hier demnächst auf Tour:
10.01.2018 - Leipzig, Werk 2
11.01.2018 - Rostock, Peter-Weiss-Haus
12.01.2018 - Bremen, Tower
13.01.2018 - Münster, Skaters Palace
15.01.2018 - Köln, Club Bahnhof Ehrenfeld
16.01.2018 - Frankfurt, Zoom
17.01.2018 - München, Strom
18.01.2018 - Würzburg, Bechtolsheimer Hof
20.01.2018 - Berlin, Festsaal Kreuzberg
22.02.2018 - Hannover, Musikzentrum
23.02.2018 - Hamburg, Uebel&Gefährlich
24.02.2018 - Kiel, Orange Club
25.02.2018 - Bochum, Bahnhof Langendreer
27.02.2018 - Stuttgart, Im Wizemann
28.02.2018 - Heidelberg, Karlstorbahnhof
01.03.2018 - Erlangen, E-Werk
02.03.2018 - Salzburg, Rockhouse
03.03.2018 - Wien, Grelle Forelle
06.03.2018 - Reutlingen, Franz K
07.03.2018 - Karlsruhe, Substage
08.03.2018 - Trier, Exhaus






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