Freitag, 21. Februar 2014

Judith Holofernes – "Ein leichtes Schwert": Musik für hippe Kreuzberger Ü30?!

(ms) Wer ist das denn?!
Eigentlich eine dämliche Frage. Aber nun gut: Judith Holonernes, im Pass steht allerdings Hohlfelder, war jahrelang stimmgebende und textende Frontfrau von Wir sind Helden. Nachdem die Band eine „Pause auf unbestimmte Zeit“, also sich aufgelöst hat, hat sich Holofernes mit ihrem Mann (und Drummer der Helden) nach Kreuzberg zurückgezogen, um ihre beiden Kinder groß zu ziehen, anstatt das auf Tour mit der Band zu machen, wofür sie keine Lorbeeren geerntet haben. Sie fing an zu bloggen, wie man das ganz hip in Berlin macht, schrieb Tiergedichte und irgendwie hielt sie es nicht aus ohne Musik weiterzumachen. Also ein Soloprojekt. Immerhin hat Mark Tavassol mit Klaas Heufer-Umlauf auch die Gruppe Gloria gegründet. Ganz gendergerecht kümmert sich bei der Solotour auch der Papa um die Kinder. Zu Hause.

Quelle: becktomusic.com Fotografin: Julia Gajewski
Was ist da nun zu hören?!
12 Lieder, die zum großen Teil sehr unterschiedlich sind. Mit dem schönen Popsong „Nichtsnutz“ geht es los, der fröhlich das Album eröffnet und die musikalische Marschroute vorgibt. Insgesamt sind die Songs minimalistischer komponiert als bei Wir sind Helden. Wenig Schlagzeug, eher Percussion. Klatschen und Zylophon/Marimbaphon machen die Sache spielerisch und leicht. Die Stimme und Texte stehen hier wesentlich im Vordergrund. „Danke, ich hab schon“, ein schönes Anti-Alles-Lied leitet zur Single „Liebe Teil 2 – Jetzt erst recht“ über, der (!) Ohrwurm der Platte. Auf eigene Weise süß plätschert „Opossum“ hinterher. Und dann der große Schreck beim Blick auf die Tracklist: MILF! Da steht tatsächlich MILF. Es geht aber nicht um Mothers, sondern den Musikgeschmack I like to fuck! Na gut. Ein wildes Durcheinander von guten und weniger guten Bands, laut Holofernes. Zwei bärenstarke Stücke, nämlich „Brennende Brücken“ und „Hasenherz“ kommen direkt im Anschluss, bevor ein Feature mit Tobias Jundt, Monsieur Bonaparte, die schlimmsten Töne des Albums von sich geben. Kann man guten Gewissens skippen.

Muss man das Album mit Wir sind Helden vergleichen?!
Ja. Ist ja immerhin die gleiche Sängerin und Texterin.
Nein. Es ist eine eigene, selbstständige Platte; keine Solo-Fortsetzung der Band.

Für wen ist das Album?!
Holofernes selbst sagt, dass es für hippe Menschen ist. Ah! Da ist das schlimme Wort, hip. Wir wohnen doch nicht alle in Berlin-Kreuzberg oder sonstigen In-Vierteln. Aufgrund des großen Pop-Potentials ist es für jeden; vom Radiohörer bis zum Indiekind, immerhin spielt sie ja dieses Jahr auf dem Haldern-Pop-Festival! Menschen, die keinen Jutebeutel, große Brillen, einen miesen Kleidungsstil und Apple-Endgerät haben, dürfen auch dieses Album kaufen.



Hätte dieses Album so große Aufmerksamkeit, wenn Holofernes nicht so bekannt wäre?!
Eine gute Frage. Möglich ist, dass es einfach so in der Schwemme der Popmusik untergehen würde. Möglich ist aber auch, dass es gehypt würde, wegen Kreuzberg und so. Ihr Bekanntheitsgrad ist ihr großer Vorteil, sodass bereits einige Konzerte der kommenden Tour ausverkauft sind.

Was mache Tobias Kuhn denn hier!?
Tobias Kuhn, von uns wertgeschätzter Musiker in Form von Monta, Sänger der legendären Miles, Gitarrist und Produzent bei Thees Uhlmann, Songschreiber bei Udo Lindenberg, Hit-Produzent bei den Toten Hosen („Tage wie dieser“), ist hier präsent als Musik- und Textschreiber der Single „Liebe Teil 2 – jetzt erst recht“ und dem Schluss des Album „John Irving“, wo Judith Holofernes mit den Lichtgestalten aus moderner Literatur abrechnet.

Kaufen oder lieber nicht?!
Es ist über weite Strecken ein richtig gutes Pop-Album. Schöne Melodien, Texte zum mitsingen, unterschreiben und merken. Aber: Einige Songs machen den Gesamteindruck kaputt, weil unpassend („MILF“, „Platz da“, „John Irving“). Daher meint die Luserlounge: 6/10

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